Lebensdaten

1751
Am 20. Februar in Sommerstorf (bei Waren) in Mecklenburg geboren. Sein Vater Johann Heinrich Voß (1714-1778), Sohn eines freigelassenen leibeigenen Rademachers, heiratet kurz nach der Geburt seines Sohnes Johann Heinrich in zweiter Ehe dessen Mutter Katharina Dorothea Karsten (1718-1798). Von vier jüngeren Geschwistern Vossens überleben zwei das früheste Kindesalter: Dorothea Elisabeth (1755-1779) und Gustav Georg (1761-1771). Im Sommer Übersiedlung der Familie nach Penzlin. Der Vater baut sich als Zolleinnehmer und Gastwirt eine Existenz auf.
1759
Besuch der Penzliner Stadtschule. Voß erwirbt grundlegende Lateinkenntnisse.
1766
Besuch der weiterführenden Lateinschule in Neubrandenburg dank des Genusses von Freitischen. Verarmung der Eltern als Folge des Siebenjährigen Krieges (1756-1763). Voß gründet eine Geheimgesellschaft, diskutiert und liest mit einigen Mitschülern selbständig Griechisch und Latein. Die fatale finanzielle Situation der Eltern verhindert ein Studium.
1769
Hauslehrer von drei Kindern bei dem Gutsbesitzer von Oertzen in Ankershagen (bei Penzlin). Voß war ständigen Demütigungen ausgesetzt, seine spätere Adelskritik hat hier ihre Wurzeln. Beginn der Freundschaft mit dem Pastor Ernst Theodor Brückner in Groß-Vielen und des Briefwechsels mit Heinrich Christian Boie.
1772
Studium an der Universität Göttingen dank Freitisch und Seminaristenstipendium, Gründung des Hainbundes. Studienwechsel von der Theologie zur Philologie. Beginn des Briefwechsels mit Ernestine Boie.
1775
Übersiedlung nach Wandsbek, Kontakte zu Claudius, Klopstock, Lessing, Campe, Carl Ph. E. Bach. Herausgeber des Musenalmanachs, Heirat mit Ernestine Boie, Geburt des ersten Sohnes Friedrich Leopold.
1778
Übersiedlung nach Otterndorf (bei Cuxhaven), Rektor der Lateinschule Otterndorf, Geburt des zweiten Sohnes Johann Heinrich, Geburt des dritten Sohnes Wilhelm Ferdinand Ludwig, Homers Odüßee, Die Tausend und eine Nacht
1782
Übersiedlung nach Eutin, Rektor der Lateinschule Eutin. Tod des ersten Sohnes Friedrich Leopold, Geburt des vierten Sohnes Johann Friedrich, Geburt des fünften Sohnes Abraham Sophus. Homers Werke. Erste Reise nach Halberstadt, Weimar, Halle. Bekanntschaft mit Goethe, Herder, Wieland und Gleim.  Mythologische Briefe. Luise, ein ländliches Gedicht in drei Idyllen. Schwere Erkrankung. Musenalmanach für 1800, der letzte. Zeitmessung der deutschen Sprache.
1802
Aufenthalt in Jena
1805
Übersiedlung nach Heidelberg, Professor an der Universität Heidelberg in beratender Funktion. Empfängt zahlreiche Besucher:innen. Shakespeare’s Schauspiele, übersetzt von Johann Heinrich Voß und dessen Söhnen Heinrich Voß und Abraham Voß. Publizistische Streitschriften. Wie ward Friz Stolberg ein Unfreier? Tod des Sohnes Heinrich. Kampf gegen die Heidelberger Romantiker. Antisymbolik.
1826
Voß stirbt an den Folgen eines Schlaganfalls im Alter von 75 Jahren. Ernestine Voß und ihr Sohn Abraham veröffentlichen die Briefe von Johann Heinrich Voß mit Mitteilungen aus seinem Leben.

1834
Ernestine Voß stirbt im Alter von 78 Jahren.

„Otterndorf in Hadeln war mir seit dem Herbst 1778 geliebte Heimat. Die freien Hadeler hatten mich mit allen 63 Stimmen gewählt, und, da die Amtswohnung meiner Gesundheit nicht zuträglich schien, mir ein anderes, auf der Höhe der Stadt erkauftes Haus am Flusse, mit einem ins Feld schauenden Gärtchen, nach meiner Bequemlichkeit eingerichtet. Dort und in Hamburg war mir klar, was Gemeinwesen sei; ich fühlte den Sinn, unsern Marsch, unser Recht, unser Deich, unsere Brücke; und im Vorbeifahren einmal hört’ ich mit Lust unser Rector.“

Johann Heinrich Voß

Aus der Bestätigung der Stolbergischen Umtriebe. In: Briefe von Johann Heinrich Voß nebst erläuternden Beilagen hg. von Abraham Voß. Bd. 2. Halberstadt 1830, S. 71f.

Die wichtigsten Übersetzungen von Johann Heinrich Voß

1775 Jean Le Rond d’Alembert Versuch über den Umgang der Gelehrten und Großen
1775 Der Kenner, eine Wochenschrift, von Town, dem Sittenrichter (gemeinsam mit Hölty)
1776 Thomas Blackwell: Untersuchung über Homers Leben und Schriften
1781 Homers Odüßee
1781–85 Die tausend und eine Nacht. Arabische Erzählungen. Nach der französischen Übersetzung des Antoine Galland ins Deutsche übersetzt von Johann Heinrich Voß
1787 Homer: Hymnus an Ceres
1789 Vergil: Landbau
1793 Homers Werke (Ilias und Odyssee). Weitere, überarbeitete Auflagen 1802, 1806, 1814, 1821
1797 Vergil: Eklogen
1798 Ovid: Metamorphosen
1799 Vergil: Äneis
1806 Horaz: Werke. Hesiods Werke und Orfeus der Argonaut
1808 Theokrit, Bion und Moschos
1810 Tibull und Lygdamus
1818-29 Shakespeares Schauspiele (gemeinsam mit Heinrich und Abraham Voß)
1821 Aristophanes
1824 Aratos
1826 Homer: Hymne an Demeter
1830 Properz
1775 Jean Le Rond d’Alembert Versuch über den Umgang der Gelehrten und Großen
1775 Der Kenner, eine Wochenschrift, von Town, dem Sittenrichter (gemeinsam mit Hölty)
1776 Thomas Blackwell: Untersuchung über Homers Leben und Schriften
1781 Homers Odüßee
1781–85 Die tausend und eine Nacht. Arabische Erzählungen. Nach der französischen Übersetzung des Antoine Galland ins Deutsche übersetzt von Johann Heinrich Voß
1787 Homer: Hymnus an Ceres
1789 Vergil: Landbau
1793 Homers Werke (Ilias und Odyssee). Weitere, überarbeitete Auflagen 1802, 1806, 1814, 1821
1797 Vergil: Eklogen
1798 Ovid: Metamorphosen
1799 Vergil: Äneis
1806 Horaz: Werke. Hesiods Werke und Orfeus der Argonaut
1808 Theokrit, Bion und Moschos
1810 Tibull und Lygdamus
1818-29 Shakespeares Schauspiele (gemeinsam mit Heinrich und Abraham Voß)
1821 Aristophanes
1824 Aratos
1826 Homer: Hymne an Demeter
1830 Properz

Ausschnitt aus: Ernestine Voß, Ölporträt von Caroline Bardua (1827)

Ernestine Voß

Marie Christine Ernestine Boie wird am 31. Januar 1756 in Meldorf geboren. Sie ist die Tochter des Meldorfer Predigers und späteren Flensburger Probstes Johann Friedrich Boie. Mit seiner Frau Katharina, geb. Haberkorn, hat er zwölf Kinder. Ernestine ist die jüngste Schwester von Heinrich Christian Boie, der spätere Gründer des Göttinger Musenalmanachs. Die Hochzeit Ernestines mit Johann Heinrich Voß findet am 15. Juli 1777 statt. Aus der Ehe gehen fünf Söhne hervor: Friedrich Leopold (1778-1782), Heinrich (1779-1822) wird Professor in Heidelberg, Wilhelm (1781-1840), wird Arzt in Eutin, Hans (1783-1849) wird Architekt in Freiburg i. Br. und Abraham (1785-1847), wird als Altphilologe und Pädagoge bekannt.

Im Gegensatz zu ihrem streitbaren, leicht reizbaren Ehemann gilt sie als ausgleichend und freundlich, das Idealbild einer treusorgenden Ehefrau verkörpernd. Sie unterstützt die Arbeit ihres Ehemannes, führt eine umfangreiche Korrespondenz und verfasst biographische, pädagogische und literarische Texte. Bekannt sind ihre Mitteilungen aus dem Leben von Johann Heinrich Voß, die von ihrem Sohn Abraham herausgegeben werden und das Bild von Voß in der deutschen Kulturgeschichte maßgeblich beeinflussen.
Nach dem Tod ihres Ehemanns verkauft Ernestine Voß das Haus in Heidelberg und zieht 1826 in eine Wohnung am Paradeplatz, dem heutigen Universitätsplatz. Am 10. März 1834 stirbt sie in Heidelberg.

„Zu unsrer Hausökonomie gehörte unter andern, daß Abends nur ein Licht angezündet ward. Da Voß immer stehend am Pult arbeitete, und dazwischen auf und abging, entweder schweigend oder mittheilend, was in ihm lebte, ich aber für die zierlichen Stiche mit der Nadel der Helle nicht wohl entbehren konnte; so ersannen wir die Aushülfe, neben das Pult unsern Eßtisch und auf diesen für mich einen kleinen Strohsessel aus der Küche zu stellen. Voß fühlte so ganz das Glück, in ungestörter Ruhe fortzuarbeiten, wohin ihn seine Neigung trieb, und eine empfängliche Theilnehmerin um sich zu haben, die dankbar anerkannte, daß es ihr nach und nach gelingen würde, auch in wissenschaftlichen Dingen, die ihr bis jetzt ganz fremd gewesen, die Ausbeute seiner Anstrengungen zu theilen.“

Ernestine Voß

Erinnerungen. In: Briefe von Johann Heinrich Voß nebst erläuternden Beilagen hg. von Abraham Voß, Bd. 2. Halberstadt 1830, S. 34

Literatur

Dagny Stemper: Das Leben der schleswig-holsteinischen Schriftstellerin Ernestine Voß (1756-1834). Eine Analyse zu Biographie und Werk auf der Grundlage ihres autographischen Nachlasses. Frankfurt am Main [u. a.]: Lang 2006
Axel E. Walter: Ernestine Voß. Eine Dichterfrau und Schriftstellerin der Spätaufklärung. Mit einer Edition ausgewählter Schriften. Eutin: Johann-Heinrich-Voß-Gesellschaft 2016

Dagny Stemper: Das Leben der schleswig-holsteinischen Schriftstellerin Ernestine Voß (1756-1834). Eine Analyse zu Biographie und Werk auf der Grundlage ihres autographischen Nachlasses. Frankfurt am Main [u. a.]: Lang 2006

Axel E. Walter: Ernestine Voß. Eine Dichterfrau und Schriftstellerin der Spätaufklärung. Mit einer Edition ausgewählter Schriften. Eutin: Johann-Heinrich-Voß-Gesellschaft 2016